Kommentar: #MeToo ist noch zu wenig

Kommentar: #MeToo ist noch zu wenig

Es ist mal wieder ein neuer Hashtag auf Twitter unterwegs. Losgetreten wurde er nach dem Skandal um den Filmproduzenten Harvey Weinstein, dem unter anderem hochprominente Frauen aus dem Hollywood-Showgeschäft vorwerfen, er habe sie sexuell belästigt. Nun teilen Frauen aus aller Welt ihre eigenen Erfahrungen von sexueller Belästigung im Internet.

Das Ganze an sich ist ja schön und gut. Das Thema hätte niemals mit einem inoffiziellen Tabu belegt werden dürfen. Für unsere Gesellschaft ist es aber ein Armutszeugnis, denn es war schon lange bekannt, dass noch immer zwei von drei Frauen Opfer von sexueller Belästigung werden. Dies sind Straftaten. Das sollte jeder spätestens seit dem letzten Jahr wissen, wo die Silvesternacht 2015/16 und die „Nein heißt Nein“-Debatte Schlagzeilen machten. Die Folge: Zahlreiche Gesetzesänderungen im Bereich von Sexualstraftaten, die Lücken schließen und Frauen vor dem Gesetz stärken sollten. Bei sexueller Belästigung gibt es kein Drumherumreden oder „Nimm es doch als Kompliment“. Auf das Problem aufmerksam zu machen, ist ein guter und längst überfälliger Anfang, aber mehr auch nicht.

Dass jetzt aber wieder einmal Diskussionen ausbrechen, was eigentlich als sexuelle Belästigung gilt, während am Rand die absurden und widerlichen „Das sollte doch ein Kompliment für sie sein“-Ausflüchte mitlaufen, zeigt nur wieder einmal die heillose Ignoranz unserer Gesellschaft.

Eigentlich wissen wir doch alle, dass eine Frau, egal wie freizügig oder figurbetont sie herumläuft, nicht darum bittet, angemacht, angefasst oder Schlimmeres zu werden. Trotzdem sehen wir auf solche Frauen herab. Selbst Frauen untereinander. Immer noch propagieren wir altbackene Ideale, die beide Geschlechter einschränken. Männer als groß, stark und potent, Frauen als schön, niedlich und unterwürfig. Viele werden das abstreiten und doch ist der Sexismus immer noch in uns. Selbst wenn nicht ganz so drastisch, dann immer noch in einem allgegenwärtigen Rollendenken, das sich unter anderem an der Berufswahl und Machtverteilung von Männern und Frauen zeigt. Die Individuen verschwinden schnell in vorgefertigten Mustern. Eine Frau in der Chefetage? „Das traue ich ihr nicht zu“. Ein Mann als Kindergärtner? „Das ist doch pervers!“

#MeToo ist in den Trends gelandet. Dabei  darf es nicht bleiben. Wir müssen nicht nur hinterfragen, weshalb wir Straftaten so lange tolerierten, sondern unsere Haltung zu Geschlechtern allgemein überdenken.(acr)

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