Ein Thema, zwei Meinungen: Der Heimweg von Sebastian Fitzek
Sebastian Fitzek ist der bekannteste Thriller-Autor Deutschlands. Seine Bücher sind weltweit erfolgreich, wurden bisher in 24 Sprachen übersetzt, international verfilmt und an Theatern inszeniert (Droemer Knaur). Sein Durchbruch gelang ihm 2006 mit Die Therapie. Im Folgenden werfen unsere Redakteurinnen Hannah und Emily einen Blick auf Fitzeks neuesten Thriller Der Heimweg, der am 21. Oktober 2020 erschienen ist.
„Wer das Datum seines Todes kennt, hat mit dem Sterben schon begonnen. Es ist Samstag, kurz nach 22.00 Uhr. Jules Tannberg sitzt am Begleittelefon. Ein ehrenamtlicher Telefonservice für Frauen, die zu später Stunde auf ihrem Heimweg Angst bekommen und sich einen telefonischen Begleiter wünschen, dessen beruhigende Stimme sie sicher durch die Nacht nach Hause führt - oder im Notfall Hilfe ruft. Noch nie gab es eine wirklich lebensgefährliche Situation. Bis heute, als Jules mit Klara spricht. Die junge Frau hat entsetzliche Angst. Sie glaubt, von einem Mann verfolgt zu werden, der sie schon einmal überfallen hat und der mit Blut ein Datum an ihre Schlafzimmerwand malte: Klaras Todestag! Und dieser Tag bricht in nicht einmal zwei Stunden an ...“, so beschreibt der Verlag den neusten Psychothriller aus Fitzeks Feder (Droemer Knaur).
Titelbild von Sebastian Fitzeks "Der Heimweg", Quelle: Droemer Knaur
Triggerwarnung dringend notwendigIch bin schon seit Jahren ein großer Fitzek Fan. Ich liebe es, wie seine Bücher mich jedes Mal wieder in ihren Bann ziehen und mir Stunden voller Spannung und Nervenkitzel bescheren. Sein neustes Buch hat mich jedoch sehr sprachlos und wütend zurückgelassen. Der Grund dafür ist nicht einmal das gesamte Buch, denn in seinen Grundzügen hat es meine Erwartungen an einen „Fitzek“ völlig erfüllt. Es war spannend, ich konnte es kaum aus der Hand legen und bei mir immer besonders wichtig: ich war am Ende davon überrascht, wer hinter all dem Horror steckte. Insgesamt fand ich die Handlung auch sehr schlüssig und unterhaltend, aber was mir so gar nicht gepasst hat, war, dass ein großer und sehr wichtiger Teil bei der Werbung für das Buch und auch auf dem Klappentext weggelassen wurde: häusliche Gewalt, physischer und psychischer Missbrauch und Vergewaltigung spielen nicht nur eine große Rolle im Buch und sind quasi ausschlaggebend für die Handlung, sondern werden auch noch in aller Ausführlichkeit beschrieben und hier wäre eine Triggerwarnung dringend notwendig gewesen. Ich kann nachvollziehen, dass der Verlag und der Autor diesen Themenbereich aus „Überraschungsgründen“ für den Leser nicht erwähnen wollten, was dabei jedoch völlig vergessen wurde, sind all die realen Opfer dieser Formen von Gewalt und Missbrauch, die durch solche Beschreibungen, durch das ganze Buch massiv in ihren Erinnerungen getriggert werden können. Auch wenn ich glücklicherweise nie solche Grausamkeiten erleben musste, waren mir diese Passagen im Buch oft viel zu viel, viel zu detailliert und viel zu grausam. Von einem Autor, der so erfolgreich ist wie Fitzek, erwarte ich eine andere Art von Spannungs- oder Angstmache als zu beschreiben, wie Menschen aufs übelste missbraucht und vergewaltigt werden. Insgesamt hätte mir Der Heimweg durchaus gefallen können, dieser Aspekt überdeckt für mich persönlich jedoch die positiven Aspekte und hat mir mein gesamtes Leseerlebnis ruiniert. (hln) |
Der Heimweg - Nervenkitzel trifft GrausamkeitDass Sebastian Fitzek spannende Thriller schreibt, ist mittlerweile fast ganz Deutschland bekannt. Mit diesem Buch, welches Platz 1 auf der SPIEGEL-Bestsellerliste Belletristik war, hat er es mal wieder geschafft, eine unheimliche und aufregende Welt des Grauens zu kreieren. Wie typisch für Fitzek, taucht man aufgrund seines fesselnden Schreibstils direkt in die Geschichte von Jules Tannberg und Klara, der jungen Frau, die er am Telefon begleitet, ein. Ich war nach jedem einzelnen Kapitel gespannt, was mich als Nächstes erwarten würde – Buch weglegen? Kaum eine Option. Fitzek schafft es, durch den Bezug zur Realität und den vermeintlichen Alltagssituationen eine Verbindung zwischen Leser*in und den zwei Protagonisten zu schaffen. Auch die wechselnde Perspektive zwischen Jules und Klara sorgt dafür, sich besser in beide hineinversetzen zu können und mehr von ihrem Leben zu erfahren. Was jedoch betont werden muss: dieses Buch ist nichts für schwache Nerven. Denn was größtenteils für die andauernde Spannung sorgt, ist die grausame Thematik. Ich möchte nicht zu viel vorwegnehmen, allerdings werden direkt auf der ersten Seite des Buches Statistiken zur häuslichen Gewalt angeführt, deshalb sollte man sich zweimal überlegen, ob man dieses Buch weiter liest. Zu meiner Meinung bei der Umsetzung dieser Thematik habe ich sehr lange überlegen müssen. Ich möchte positiv anmerken, dass Fitzek durch diese Darstellung versucht, Aufmerksamkeit auf das Thema der häuslichen Gewalt zu lenken. Denn meiner Meinung nach ist dies ein Thema, welches in unserer Gesellschaft viel zu sehr tabuisiert wird. Jedoch hätte ich mir bei der Veranschaulichung von Opfern häuslicher Gewalt eine differenziertere und sensiblere Figurenausarbeitung gewünscht. Trotz dessen ist dieser Thriller, wie viele andere von Fitzek, eine Empfehlung - jedoch nur für diejenigen mit einer dicken Haut. (ec) |
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