Ich bin wie ihr, ich liebe Äpfel

Ich bin wie ihr, ich liebe Äpfel

So heißt das Theaterstück von Theresia Walser, dessen Premiere am 12. November 2021 im Großen Haus in Paderborn viele Menschen begeisterte. Bereits im Jahr 2012 beschloss die freie Autorin und Dramatikerin die Bühne zu nutzen, um sich auf humoristische Weise näher mit den Thematiken Worte, Taten und Moral zu beschäftigen. Und dies gelang ihr wohl ausgesprochen gut, wenn man bedenkt, dass Ich bin wie ihr, ich liebe Äpfel heute noch aufgeführt wird!

Die Schauspielerinnen Kirsten Potthoff, Claudia  Sutter und Eva Brunner spielen in „Ich bin wie ihr, ich liebe Äpfel“ die Hauptrollen. Foto: Paul Leclaire
Die Schauspielerinnen Kirsten Potthoff, Claudia Sutter und Eva Brunner spielen in „Ich bin wie ihr, ich liebe Äpfel“ die Hauptrollen. Foto: Paul Leclaire

Doch um Äpfel soll es hier eher weniger gehen und auch die Zusicherung, man sei sich so ähnlich, offenbart Ironie im Beigeschmack, sobald man im Theatersaal sitzt und weiß, woher diese Aussage stammt. Tatsächlich handelt das Stück von drei Diktatorengattinnen, eine zynischer als die andere, die vor einer Pressekonferenz zur Verfilmung ihres Lebens aufeinander treffen: Frau Leila Ben Ali, ehemalige First-Lady von Tunesien (Claudia Sutter), Frau Imelda, Gattin des philippinischen Diktators Ferdinand Marcos (Eva Brunner) und Frau Margot Honecker (Kirsten Potthoff), die im Gegensatz zu den anderen beiden kein Englisch spricht. Daher kommt der unsichere und harmoniebedürftige Dolmetscher Gottfried (Alexander Wilß) zum Einsatz, um die sprachlichen Barrieren zwischen diesen energischen Frauen zu überwinden. Schnell wird ihm bewusst, dass möglicherweise nicht alles, was gesagt wird, immer eins-zu-eins weitergegeben werden sollte, denn Frau Leila, Frau Imelda und Frau Margot scheinen sich in taktlosen, grausamen und zynischen Aussagen, die besser unübersetzt bleiben, ständig zu übertreffen. Die Bitte an die Damen, ihre Redebeiträge mögen doch „nie mehr als 40 Wörter“ beinhalten, ist nur einer seiner verzweifelten Versuche, die Wogen zu glätten und damit seinem Namen alle Ehren zu machen. Mit der Zeit leiden Genauigkeit und Richtigkeit der Übersetzungen unter Gottfrieds Wunsch, den Frieden zu bewahren, und seiner zunehmenden Überforderung mit der sich zuspitzenden Situation. Als einziger Mann zwischen drei Frauen, die sich als Diktatorengattinnen für große Persönlichkeiten halten und ihrer eigenen Wichtigkeit mehr Bedeutung beimessen, als sie vielleicht sollten, hat man es nicht gerade leicht.

Zwischen echten Lachern kommt man nicht umhin, Mitgefühl für den armen Dolmetscher zu entwickeln, da sein Beruf schon oft als unscheinbare Hintergrundarbeit angesehen und dementsprechend selten wertgeschätzt wird, dessen Tätigkeit in diesem Fall aber noch deutlich erschwert wird: Das Temperament der drei Gattinnen ist dem ihrer Ehemänner erschreckend ähnlich und kann Gottfried nur zusätzlich einschüchtern. Die Härte und Verblendung jeder Einzelnen zeigt sich nicht nur in fehlender Reue, wenn es um ihre vergangenen Taten geht oder so etwas „Lächerliches“ wie „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“, sondern auch in ihrer völligen Unfähigkeit, Selbstreflektion zu leisten.

Dass ihr Dolmetscher ihnen Informationen vorenthalten könnte, kommt Frau Imelda und Frau Leila beispielsweise erst gar nicht in den Sinn, dabei stimmen Frau Margots abgeneigte Mimik und Gestik schon von Anfang an nicht mit dem Übersetzten überein. So etwas kann man nur übersehen, wenn man zu sehr mit der Verteidigung des eigenen Images beschäftigt ist, denn jede von ihnen hat das Gefühl, von der Gesellschaft missverstanden worden zu sein und sich nun rechtfertigen zu müssen.

Die schauspielerische Leistung aller vier Darsteller spiegelt die Essenz der Charaktere ideal wieder und das schlichte Bühnenbild erlaubt den Fokus auf die wichtigen Aspekte.  

Theresia Walser schafft es humorvoll, historische Persönlichkeiten und Ereignisse, als Zuschauer*in problemlos identifizierbar, an Dialoge voller Ironie und Wortgewandtheit zu knüpfen und so eine verzerrte Darstellung der Realität zu erzeugen, sozusagen aus Sicht der Bösewichte oder besser gesagt derer Gattinnen. Ganz zum Vergnügen des Publikums!

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