Von Fischen und Poetry Slammern
Der Bücherfrühling ist da und mit ihm warten einige druckfrische Neuerscheinungen auf gespannte Leser:innen. Am 07. März, quasi ganz frisch aus der Druckerpresse, ist Jann Wattjes neues Werk „Das Leben ist wie eine Schachtel Sardinen“ im Lektora Verlag erschienen. Jann Wattjes, wer den Namen noch nicht kennt, sollte ihn sich dringlichst merken, denn der Paderborner Student ist längst kein Unbekannter mehr in der Künstlerwelt. Schließlich ist er NRW-Meister und deutscher Vizemeister im Poetry Slam. Wer jetzt bei Poetry Slam verächtlich die Nase rümpft – keine Sorge, Jann Wattjes mag seine eigene Kunstform auch nicht. Wenn es so einfach wäre, Kunst in „mögen“ und „nicht mögen“ zu unterteilen. Die universal sprach mit dem gebürtigen Ostfriesen, um ein wenig mehr über seine Vorliebe zu geruchsintensiven Meerestieren und Büchern zu erfahren.
Titelseite des Buches „Das Leben ist wie eine Schachtel Sardinen“ von Jann Wattjes, Quelle: Lektora
universal: Wie bist du auf den Titel gekommen? Ich meine, Sardinen sind schon sehr spezielle Fische. Hätten ja auch Heringe sein können. Oder Thunfisch. Hast du etwa was gegen Thunfisch?
Jann Wattjes: Absolut, Thunfische sind die Hooligans des Meeres. Mich hat einfach immer schon gestört, dass ausgerechnet „Das Leben ist wie eine Schachtel Pralinen“ das eine Zitat ist, was Leute aus den Filmen der 90er mitgenommen haben. Denn ich finde, das stimmt nicht. Es ist eher eine Schachtel Sardinen: Man weiß ziemlich genau was man kriegt, ist dann aber trotzdem irgendwie enttäuscht.
universal: Wie schwierig fandest du es, ein Buch zu schreiben und was hat es letztendlich alles aufs Papier geschafft?
Jann Wattjes: Grundsätzlich stellt man sich wahrscheinlich vor, dass Bücher schreiben der Alltag als Berufsautor:in ist. Im Endeffekt ist das Buch aber nur ein Best Of von ganz unterschiedlichen Projekten. Viele Texte stammen von Poetry Slams oder Lesebühnen, es sind aber auch Kurzgeschichten von Literaturwettbewerben im Buch. Den ältesten Text kann ich auf ungefähr 2018 datieren, es ist aber auch ein Text drin, den ich erst kurz vor Druck noch unbedingt im Buch haben wollte. Schwierig war dann eher der rote Faden: Ich wollte keine zusammenhanglose Sammlung von Bühnentexten, deshalb sind alle Texte noch mal nachträglich kommentiert. Und dann dachte ich mir, wäre es witzig, wenn der Erzähler der Texte und der Erzähler der Kommentare sich nicht leiden können. Das ist dann ein bisschen eskaliert...
universal: Liegt dir ein Text besonders am Herzen?
Jann Wattjes: Ich glaube, mit allem, was man selbst schreibt, muss man zu kritisch und distanziert umgehen, als dass es langfristig „Herzenstexte“ bleiben könnten. Aber alle Texte, die ich mit August Klar (Klar und Wattjes bilden das Slam Team „Rabatt auf Alienzubehör und sind gemeinsam deutscher Vizemeister im Poetry Slam, Anm.d.R.) zusammen geschrieben habe, kann ich objektiv als Meisterwerke einordnen.
universal: Im Klappentext erwähnst du die Prise Tragik, die sowohl das Buch als auch dein Leben bereichert. Was steckt dahinter?
Jann Wattjes: Ich hasse es, über mich selbst zu schreiben. Leider ist das der Kerngedanke, mit dem Slam-Literatur sich abgefunden hat, deshalb wird auch von mir immer ein Stück Authentizität erwartet. Und der Impuls, sich einfach nur über alles lustig zu machen, ist eben nicht besonders authentisch. Schreiben kann ein sehr deprimierender, einsamer Beruf sein, der immer am Puls der Zeit sein muss. Wenn diese Zeit dann Pandemien und Kriege beinhaltet, ist es gar nicht möglich oderwünschenswert, Tragik aus der Kunst herauszuhalten.
universal: Du sagst über dich selbst, dass du Poetry Slam eigentlich nicht magst und bist doch sehr erfolgreich darin. Was muss man tun, um Slam mögen zu lernen?
Jann Wattjes: Das wüsste ich auch gern. Im Ernst glaube ich, dass die Frage schon der falsche Ansatz ist: Man würde Leute ja auch nicht fragen, ob sie „Filme“ mögen. Filme können in ihrer Stimmung, Umsetzung und Qualität komplett unterschiedlich sein, gemeinsam ist nur das Format. Das ist bei Poetry Slam ähnlich. Wer kategorisch ausschließt, Slam-Texte zu mögen oder sich als Poetry Slam-Fan bezeichnet, hat das denke ich nicht so recht verstanden.
universal: Bist du lieber lustig oder ernst unterwegs?
Jann Wattjes: Mir liegt es mehr, etwas ins Lächerliche zu ziehen oder zumindest pointiert zu dekonstruieren. Es gibt natürlich auch ernste Themen oder Aussagen, die ich nicht umgehen kann oder möchte, aber grundsätzlich bin ich lieber unterhaltsam als bedrückend.
universal: Noch eine letzte Frage: Wie stolz ist August?
Jann Wattjes: Ich hoffe, er liest das Buch nicht, es sind einige Gemeinheiten drin versteckt!
Jann Wattjes Buch „Das Leben ist wie eine Schachtel Sardinen“ gibt es für 13,90 Euro im Lektora Verlag und in Buchhandlungen zu kaufen.
Info:
Am 03. & 11.05 bietet der AStA einen Workshop zum Thema Poetry Slam an. Anmelden kannst du dich unter:
asta.upb.de/workshop-poetryslam
Am 12.05 findet außerdem ein Poetry-Slam-Abend mit Sarah Lau und Lara Ermer statt. Infos dazu ebenfalls beim AStA.
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